Zuhören – aber aufrichtig / Podcastblog

Über unsere 2 Ohren und die Region dazwischen

Sie kennen sicher den Sketch von Loriot – Das Frühstücks-Ei. Da beschwert sich Loriot über das zu hart gekochte Ei und sagt „Berta – das Ei ist hart“. Und Berta antwortet sinngemäß „Zu viele Eier sind sowieso ungesund“. Die beiden sprechen dann noch eine Zeit lang aneinander vorbei und der Sketch endet in Mordgedanken. Hier den Sketch auf Youtube ansehen


Was ist hier passiert? Ein klarer Fall von nicht funktionierender Kommunikation. Nun könnten wir weit ausholen in Sachen Schulz von Thun und anderen Kommunikationsmodellen, aber mir geht es ja vielmehr um die Wirkung eines Gespräches. Oder vielmehr darum, wie ICH wirke, wenn sich jemand mit mir unterhalten möchte, wenn mir jemand etwas erzählen oder mich informieren möchte.
In der letzten Folge (Podcastfolge 1 / Dein Idiotenfaktor) habe ich recht ausführlich erklärt, warum es so wichtig ist, dass ich mich gut benehme, und dass sehr wohl wichtig ist, was andere von mir denken. Also nicht nur, wie ich bin oder was ich kann, sondern erst einmal nur, was andere von mir denken. Denn eng damit verbunden ist wiederum, ob sie mich mögen, ob sie mir vertrauen und schlussendlich was sie mir zutrauen.


Gutes Zuhören brauchen wir also nicht nur, um etwas zu verstehen. Wir brauchen es vor allem für die soziale Bindung. Für die Beziehung zwischen uns und dem anderen.

Gutes Zuhören ist Öl für die soziale Nähe

Kommunikationsexperten unterscheiden nun zwischen hören, hinhören und zuhören. Hören ist einfach – ich bin einfach da und meine Ohren sind grob in Reichweite. Hinhören ist schon etwas herausfordernder, denn dann bekomme ich wirklich mit, was der andere da sagt. Ob ich darauf reagiere, sei mal dahingestellt.


Die hohe Kunst ist das echte Zuhören. Es hat nämlich etwas mit Aktivität zu tun, ich muss auch was leisten! Erst, wenn mein Gegenüber denkt – denkt! – ich höre ihm zu, macht ihm das Gespräch auch Spaß. Er mag mich. Und das ist mein Ziel! Und ich denke, das ist auch Ihr Zeil! Egal, in welchem Business-Kontext: Ich vermute, Sie möchten interessiert wirken, aufrichtig, aufmerksam und sympathisch.


Geschäfte werden auch heute immer noch zwischen Menschen gemacht. Also kommen Sie gar nicht umhin, mit allem, was Ihnen zur Verfügung steht, den Sympathiefaktor zu füttern. Und das geht nicht über schlaue Antworten. Die sind fachlich wichtig, haben aber nichts mit Knigge zutun! In Sachen Knigge ist die Frage, wie Sie mit den Menschen umgehen, nicht, wie schlau Sie sind. Ein Gespräch wird nicht beendet, weil Sie dumm sind, sondern weil Sie desinteressiert wirken. Was es für Folgen haben kann, wenn Ihr Chef sich mit einem wütenden „Das interessiert Sie wohl gar nicht!“ umdreht und abdampft, ist uns allen klar.  

Darum bemühen Sie sich immer, ein guter Zuhörer zu sein. Beziehungen werden dadurch gestärkt, Distanzen überbrückt, Gespräche verlaufen erfolgreicher und Sie erhalten Vertrauen und Anerkennung.

Als guter Zuhörer erfüllen Sie diese 7 Skills:

1. Sie haben eine wertschätzende innere Haltung.

 

Für Ihre gute Wirkung ist fast egal, gegenüber wem oder was Sie diese Haltung haben: Im besten Fall dem Menschen gegenüber, aber vielleicht auch dem Ziel des Gespräches – wenn Ihr Chef Ihnen ausführlich seine Urlaubsanekdoten erzählt, dann fokussieren Sie sich nicht auf das Thema, dass Sie langweilt, sondern darauf, dass Ihr Chef keine unwichtige Rolle für Ihre Karriere spielt. Oder haben Sie die wertschätzende Haltung gegenüber der Beziehung, in der Sie zu der Person stehen – wenn Ihre Schwiegermama Ihnen den neuesten Klatsch und Tratschüber die Nachbarn erzählt, dann machen Sie sich bewusst, dass Sie zur Mutter Ihrer Gattin in einer vielleicht sehr wichtigen Beziehung stehen und ihre Sympahie Ihnen gegenüber mit verantwortlich für den Haussegen zuhause ist. Diese positive innere Haltung hilft Ihnen, zu lächeln. Und ein Lächeln ist bekanntlich der kürzeste Weg zwischen 2 Menschen.


2. Sie hören nicht nur mit den Ohren,

... sondern zeigen mit dem ganzen Körper, dass Sie dabei sind. Faustregel: Nasenspitze und Bauchnabel zeigen in Richtung Sprecher. Dazu gehört auch, dass Sie während eines Gespräches nicht dauernd mit dem Blick abschweifen und die Lamellen des Vorhangs zählen.Dass Sie nicht testen, wie gut sich der Schreibtischstuhl hin und her dreht oder pausenlos auf dem Bleistift herumkauen. Fühlen Sie sich beobachtet und darum: Achten Sie auf Ihre Körpersprache. Sie verrät jedem , wie ehrlich Sie es meinsen.

3. Sie besitzen eine gute Portion Empathie, die Sie auch ins Spiel bringen

"Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Emotionen, Gedanken, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen, zu verstehen und nachzuempfinden." (Quelle: Wikipedia) Und als ob das nicht schon kompliziert genug klingen würde, setze ich noch einen drauf: Nehmen Sie diese Emotionen nicht nur wahr, reagieren Sie auch darauf.

 

Erinnern Sie sich noch  an Rosi aus meiner Podcastfolge 1? (Podcastfolge 1 / Dein Idiotenfaktor). Diese nette ältere Damen aus meinem Knigge-Dinner. Die, die sogar Verständnis dafür hat, dass die Jugend nicht für sie aufsteht im Bus. Wenn Rosis Enkel sich den Zeh stößt, dann nimmt sie ihn auf den Schoß und pustet das Aua einfach weg. Ist das nicht eine schöne Erinnerung? Wenn wir uns heute als Erwachsene den Zeh stoßen, dann wäre es eher merkwürdig, wenn uns jemand auf den Schoß nehmen und unser Aua wegpusten würde. Wir hören eher „Ach komm, stell Dich nicht so an!“ oder „Dann pass halt besser auf!“ Aber ein wenig Mitgefühl könnten wir schon gebrauchen, wenn wir mit schmerzverzerrtem Gesicht durch die Küche hüpfen.

 

Genau darum geht es bei Empathie: Merken, wie es dem anderen geht und darauf reagieren. Empathie bedeutet, den Schmerz zu verstehen, auch wenn Rosi ihn nicht selbst hat. Empathie bedeutet zu trösten, wenn jemand traurig ist, sich mit jemandem zu freuen, sich mit jemandem zu ärgern.

4. „Einfach mal die Fresse halten.“

Natürlich würde ich das als Kniggetrainerin niemals so ausdrücken. Aber zum Glück hat das jemand sehr Weises bereits vor mir gesagt: Nein, es ist nicht Dieter Nuhr. Also, der auch. Aber der hat‘s auch nur geklaut. Denn das hat schon der altägyptische Wesir Ptahhotep gesagt – übrigens vor ungefähr viertausend Jahren (Quelle: SPIEGEL-Artikel). Was ich damit meine: Reden lassen! Denn wann geht jemand mit einem guten Gefühl aus einem Gespräch heraus? Richtig – wenn er viel erzählen konnte! Wenn Ihnen also jemand begegnet, nach einem Networking oder einem Business-Meeting, der sagt  „Ich hatte vielleicht gute Gespräche heute!“ Dann liegt die Vermutung nahe, dass er selbst viel geredet hat. Dann nämlich empfinden Menschen Gespräche als erfolgreich. Jemand, der nur zuhört, empfindet ein Gespräch meist als langweilig.

5. Aushalten!

Wenn Ihr Gesprächspartner in irgendeiner Form für Sie wichtig ist, dann lassen Sie ihm seine Bühne! Ihr Chef, Ihr Kunde, Ihr bester Freund, Ihr Kind daheim – ausreden lassen und aushalten! Denn für Ihre Wirkung auf den anderen ist es egal, ob Sie das Thema gerade wirklich interessiert. Im besten Fall tut es das, aber es kommt darauf an, was Sie den anderen spüren lassen.

6. Tipp: Nicht ablenken lassen.

Und jetzt hab ich schon wieder so viele Bilder im Kopf. Ich muss zugeben, ich bin eine strenge Gesprächspartnerin. Ich erwarte uneingeschränkte Aufmerksamkeit von meinem Gegenüber. In einem Gespräch mit mir sollte das für Sie heißen, dass Ihnen vollkommen egal ist, was um Sie herum passiert.


Zu meinen natürlich Feinden gehört zum Beispiel der Vibrationsalarm. Viele halten das für besonders höflich, weil nur sie es merken und damit den super peinlichen Klingelton vom Wendler nicht preisgeben müssen. Aber Fakt ist: Er lenkt Sie ab. Statt im Gespräch mit mir sind Sie in Gedanken bei der Frage „Wer hat denn jetzt wohl angerufen?“ Ja, er ist leise und wahrscheinlich – oder sogar hoffentlich – bemerke ICH das Vibrieren in IHRER Hosentasche überhauptnicht. Aber es nimmt mir Ihre Aufmerksamkeit weg – und das ist unhöflich.

Hier schließt sich auch der Kreis zur wertschätzenden inneren Haltung, unserem Punkt1 . Alles, was sich außerhalb dieser Live-Situation, außerhalb dieses Gespräches befindet, sollte gerade keine Aufmerksamkeit von Ihnen bekommen. Das bedeutet echte Höflichkeit. Das bedeutet echte Aufrichtigkeit. Mit dieser Einstellung bringen Sie Ihr Gegenüber äußerst respektvoll Wertschätzung entgegen. Und nun machen Sie sich einmal bewusst, wie stark Sie damit in der heutigen Zeit punkten können! Wir haben uns schon sehr an die Situation gewöhnt, dass jemand während eines Gespräches sein Smartphone zückt. Darum werde ich auch häufig gefragt „Aber Frau Steinkmap, so schlimm ist das doch heute nicht mehr?! DOCH! Das ist es. Nur mal kurz Mails, Facebook und Instagram checken hat während einer Unterhaltung nichts zu suchen.

Seien Sie sich bewusst, dass ...

• eine wertschätzende innere Haltung
• eine zugewandte Körperhaltung
• das Wahrnehmen und Verstehen von Gefühlen
• „einfach mal die Fresse halten“
• Langweiliges auszuhalten und ausreden zu lassen
• sich nicht ablenken zu lassen
dafür sorgen, ob Sie jemand mag oder nicht. Sie entscheiden über Nähe oder Distanz. Über Erfolg oder Misserfolg.

 

Mein 7. und letzter Tipp für Sie
Hinterfragen Sie sich und Ihr Verhalten selbst. Überlisten Sie Ihr Verlangen, nach dem Smartphone zu greifen, in der Gegend herumzuschauen oder jemanden ungeduldig zu unterbrechen. Achten Sie einmal ganz bewusst darauf, welches Potenzial Sie als Zuhörer haben und beobachten Sie dafür auch mal die anderen: Wann haben Sie einen schlechten Eindruck von Ihrem Gesprächspartner? Was nervt? Was lässt ihn unglaubwürdig erscheinen?

 

Wären Sie selbst gern Ihr eigener Gesprächspartner?

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Birte Steinkamp
Zert. Trainerin für Business-Etikette

birtesteinkamp@die-kniggetrainerin.de